Luppenauer Förderverein e.V.

                    Der Graf von Monte Christo

SAALE-ELSTER-AUEN-KURIER - April 2018

Als die Mitglieder des Luppenauer Fördervereins vom Ufer des Wallendorfer Sees mit dem Bus in die Musikalische Komödie gefahren waren, empfing sie hier unerwartet das stürmische Mittelmeer. Anstelle eines Vorhangs brandeten die Wellen gegen das Publikum, ohne Gischt zu versprühen, wurden transparent und nahmen uns mit auf eine Reise, bei der es wohl weniger um das geografische Ziel, sondern um Liebe, Freundschaft, Verrat, Sehnsucht und Schmerz geht. Wenigstens am Anfang. Dann bestimmen Fragen um Rache und Gerechtigkeit den Fortgang. Alle kennen das


Drama, in dem Edmont Dantes und Mercedes sich im individuellen Elend verlieren. Der eine im echten Kerker, die andere im Verlies einer verlogenen Ehe. Aber wie war das – kriegen sie sich noch oder blieb am Ende das Kloster? Im Film ja, aber im Roman ist das Thema weitaus komplexer (A. F.). Vor 203 Jahren spielt die Geschichte. Es war gefährlich, als Bonapartist denunziert zu werden. In vergleichbarer Dimension liegt wohl die Zahl der Jahre, seit ich das Buch gelesen habe – bitte nicht ins Kloster! Wir sitzen in einer der letzten Reihen und Mercedes ist so schön, jung und bleibt es, während Garderobe und Maske in ihren Geliebten schon einige Arbeit investieren. Dafür gewinnt er an Charakter und Edelmut. Wenn Theater verzaubert, hat es auch eine wichtige Aufgabe erfüllt (P. Z.)! Noch zweimal ergießt sich das Meer in das Parkett, bis wir unweit der Brücke über die Kleine Luppe wieder in den Bus steigen. Kein Kloster! Aufgetankt mit Kultur und je nach Sensibilität beseelt, geht es zurück nach Luppenau, mit einem Zwischenstopp zum Abendessen. Schon auf der Hinfahrt bestellt, gelang es mit Mühe und Diplomatie jedem zu seinem Teller zu verhelfen. Zuhause suchte ich Dumas‘ Meisterwerk. Aufgrund seines zerfledderten Zustands war es in die zweite Reihe verbannt. Vorsichtig, um die Seiten nicht gänzlich aus der Bindung zu lösen, blätterte ich von hinten nach vorne, bis ein gutes Dutzend Leichen beisammen war, Männer Frauen und Kinder. Nur eine war scheintot, dass sich auch im Roman die Liebe schlussendlich durchsetzt. Da war der Graf gerade noch als einsames Segel am Horizont zu erkennen. Wir erinnern uns langsam, auch er reiste nicht allein.

Ilja Bakkal